Navigation auf uzh.ch
Prof. Dr. Ulrike Babusiaux
Der goldene Esel“ des Apuleius ist der älteste vollständig erhaltene lateinische Roman der Antike. Das unter dem Titel „Metamorphosen“ veröffentlichte Werk schildert die Abenteuer des Ich-Erzählers Lucius, der durch eigenen Übermut in einen Esel verwandelt wird. Als Esel wechselt er oft den Besitzer, und die tierische Perspektive erlaubt es dem Erzähler, ganz unverblümt das Leben von ganz normalen Menschen zu schildern. Auf diese Weise erhalten Leser und Leserin einen Einblick in die Welt von Sklavinnen, Räubern, unterdrückten Ehefrauen und Zauberinnen; sie werden Zeugen von Diebstahl, Raub und Mordtaten und werden ohne Umschweife mit der brutalen Behandlung von menschlichen und nichtmenschlichen Sklaven und mit unverhohlener sexueller Gewalt konfrontiert.
Der Roman ist insofern ein einzigartiges Dokument, als er uns wie wenig andere antike Texte Einblick in den Alltag nicht nur der oberen Gesellschaftsschichten, sondern auch der einfachen Menschen gewährt. Er ist gespickt mit Anspielungen auf rechtliche Regelungen, die dem Autor, der in Rhetorik und damit auch im römischen Recht geschult war, offenbar bestens bekannt waren. Die so verhandelten Rechtsfragen betreffen nicht nur das Strafrecht, sondern sind – wie erbrechtliche Streitigkeiten, Sklaverei und Patronatsverhältnis – auch im Privatrecht angesiedelt. Dass das Werk gerade auch einen Beitrag zum Recht leisten wollte, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass der Ich-Erzähler nach seiner glücklichen Rückverwandlung in einen Menschen als Anwalt Erfolge feiert.
Im Seminar sollen zentrale Passagen der Abenteuer des Esel Lucius auf ihren rechtlichen Gehalt hin analysiert und mit Texten aus der römischen Rechtsliteratur (vorrangig aus den Digesten) verglichen werden. Es ist zu erwarten, dass damit die Intention der Erzählung des Apuleius noch deutlichere Konturen gewinnt; umgekehrt können die von Apuleius vorgestellten Sachverhalte als (möglicherweise zugespitzte) Illustration eines Rechtsproblems dienen und damit die aus den Juristenschriften ersichtlichen Regeln ergänzen und in ihrer Anwendung zeigen.
Das Seminar steht Bachelor- und Masterstudierenden aus der Rechtswissenschaft, der Klassischen Philologie und der Alten Geschichte offen. Für Jusstudierende sind Lateinkenntnisse nicht erforderlich. Aufgrund des interdisziplinären Zuschnitts der Veranstaltung wird auf allen Seiten die Bereitschaft vorausgesetzt, sich auch mit den Ansätzen anderer Fächer auseinanderzusetzen und über die Fachgrenzen hinaus das Gespräch über den Text zu führen.
Die Seminarleistung besteht in der regelmässigen aktiven Teilnahme an den Seminarsitzungen, dem eigenen Seminarvortrag sowie der Erstellung der schriftlichen Seminararbeit (Bachelor und Master). Bei der Vorbereitung ihrer Arbeiten erhalten die Studierenden Unterstützung von philologischer und rechtswissenschaftlicher Seite.
Das Seminar findet im HS 2021 wöchentlich statt und zwar jeweils Montags 14.00-15.30 Uhr.
27.09. |
Lucius in Hypata
|
|
4.10. |
Thelyphrons Geschichte |
|
11.10. |
Bei den Räubern |
|
18.10. |
Beim Müller und seiner Frau |
|
25.10. |
Der Gutsverwalter und seine Frau |
|
1.11. |
Bei den Priestern der Dea Syria |
|
8.11. |
Aretes Geschichte |
|
15.11. |
Die Geschichte der drei Brüder |
|
22.11. |
Der Gärtner und der Soldat |
|
29.11. |
Die Geschichte der Stiefmutter |
|
6.12. |
Apuleius’ Verteidigungsrede (Apologie) 1 |
|
13.12. |
Apuleius’ Verteidigungsrede (Apologie) 2 |
|