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Frau Prof. Dr. Ulrike Babusiaux und Frau Dr. Alessia Dedual veranstalten dieses Seminar im HS 2021.
Das Bereicherungsrecht der Art. 62-67 OR führt in der juristischen Ausbildung ein Schattendasein, wenngleich es in ganz verschiedenen Kontexten relevant und als „Auffangordnung“ auch für das vertiefte Verständnis von Zusammenhängen verschiedener Rechtsgebiete von Bedeutung ist. Die eher allgemein gefassten Vorschriften des Gesetzes verbergen eine in Teilen komplexe und vor allem in einem ständigen Wandel begriffene Dogmatik. Die oftmals historisch begründeten Auffassungen zu Art. 62-67 OR lassen es lohnenswert erscheinen, sich nicht nur mit der unmittelbaren Gesetzgebungsgeschichte, sondern auch mit den ferneren Vorläufern des Bereicherungsrechts zu befassen. Hierzu gehören nicht nur das antike römische Recht der condictiones (Klagen aus Bereicherung), sondern auch die Fortentwicklung des römischen Rechts im Mittelalter; ferner ist auch der Einfluss kanonistischer und naturrechtlicher Lehren sowie schliesslich die Bereicherungslehre der historischen Rechtsschule zu betrachten, die unmittelbar auf das schweizerische OR gewirkt hat. Auch unter der Geltung des OR ist kein einheitliches Bereicherungsrecht erkennbar; vielmehr haben Doktrin und Rechtsprechung das Rechtsgebiet ständig für neue Thesen in Anspruch genommen und durch die Aufstellung neuer impliziter Regeln immer wieder umgestaltet. Das Bereicherungsrecht ist damit – trotz der seit 1881 nahezu unveränderten gesetzlichen Vorschriften – ein Rechtsgebiet, das einem ständigen Wandel unterworfen zu sein scheint.
Die Modellierbarkeit der scheinbar einfachen Vorschriften und Grundregeln der ungerechtfertigten Bereicherung erlaubt es, das Bereicherungsrecht auch als Laboratorium anzusehen, um einen Einblick in die Entwicklung und Veränderungen der juristischen Methode zu erhalten. In der Tat scheinen viele (angebliche und tatsächliche) Wendepunkte der Geschichte des Bereicherungsrechts mit Einschnitten in der juristischen Methode oder dem rechtswissenschaftlichen Selbstverständnis zu stehen.
Im für Bachelor- wie Masterstudierenden zugänglichen Seminar sollen die bereicherungsrechtlichen „Theorien“ verschiedener Zeiten aus diesem Gesichtspunkt der Methodengeschichte beschrieben und analysiert werden. Dabei soll immer auch die Frage untersucht werden, welche Konsequenzen und Auswirkungen die untersuchte historische Lehre für das heutige Verständnis des Bereicherungsrechts hatte oder haben könnte. Auf diese Weise sollen die Teilnehmenden nicht nur einen vertieften Einblick in die Geschichte des Bereicherungsrechts erhalten, sondern gleichzeitig einen sicheren Umgang mit heute gültigen oder auch heute umstrittenen Postulaten der ungerechtfertigten Bereicherung erhalten.
Die Seminarleistung wird erbracht durch die aktive Teilnahme an den Seminarsitzungen, den eigenen Seminarvortrag sowie die Einreichung einer schriftlichen Arbeit zum gewählten Thema, die wissenschaftlichen Anforderungen genügen muss (Umfang je nachdem, ob Bachelor- oder Masterarbeit).
Das Seminar wird als Blockseminar am 29./30. Oktober im Raum SOF-E-07 an der Schönberggasse 1 (Institut für Volkswirtschaftslehre) stattfinden. Vorbehaltlich von Einschränkungen des Präsenzunterrichts aufgrund der pandemischen Situation wird das Seminar als Präsenzveranstaltung durchgeführt.