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Rechtswissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl Alonso

HS25: Der entfesselte Stichus: Freilassung und Freigelassene im Römischen Reich

(V-Nr. 4997, 5016)

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Beschreibung

Die antiken Gesellschaften waren Sklavenhaltergesellschaften. Wirtschaft und Handel waren ohne Sklaven und Freigelassene undenkbar. Sklaven waren – obwohl im Sakral- und Naturrecht als Personen anerkannt – im Zivilrecht Objekte von Rechtsgeschäften, sie konnten also verkauft oder verpfändet oder zum Gegenstand einer Nutzniessung werden. Römische Sklaven konnten allerdings auch von ihren Herren mit Sondervermögen ausgestattet werden, mit denen sie frei wirtschaften konnten und mit denen sie sich bei Erreichen eines entsprechenden Vermögenswerts oft freikaufen konnten.

Die Freilassung von Sklaven spielte eine grosse Rolle im römischen Rechtsleben. Für sie wurden verschiedene Formen entwickelt. Die reguläre Form der Freilassung führte nicht nur zur Freiheit, sondern auch zum Erwerb des römischen Bürgerrechts. Dies war höchstwahrscheinlich der Grund, warum Kaiser Augustus Gesetzgebung förderte, die die Zahl der Freilassungen begrenzen sollte. Freilassungen wurden aus den verschiedensten Gründen vorgenommen: aus Prahlsucht, aus Dankbarkeit, zur Belohnung, aus familiärer Verbundenheit zum Sklaven oder zur Anerkennung für gutes Wirtschaften mit dem Sklavensondervermögen etc. Und tatsächlich hatten, wie zahlreiche Inschriften provinzübergreifend belegen, Sklaven gute Chancen, im Laufe ihres Lebens freizukommen.

Die Freiheit war für die römischen Juristen der oberste personenrechtliche Status und allgemein in der römischen Tradition privatrechtlich und politisch das höchste Gut. Schon seit der 12-Tafel-Gesetzgebung war daher als Maxime anerkannt, dass die Freilassung, wo möglich, vom Recht und durch die Juristen begünstigt werden sollte (favor libertatis). Gerade im 2. Jahrhundert n. Chr. wurden die Entscheidungen der römischen Juristen vom favor libertatis geprägt und damit wahrscheinlich vom naturrechtlichen Denken der griechischen Stoa beeinflusst.

Themenliste:

Thema 1: Schein oder Sein: Der römische Freiheitsprozess

Thema 2: Die Freilassung mit dem Stab

Thema 3: Social Engineering: Freilassungsbeschränkungen unter Kaiser Augustus

Thema 4: Im Kaisergericht des Mark Aurel: Testament, Fiskus und Freiheit

Thema 5: Testamentsauslegung und Begünstigung der Freiheit

Thema 6: Freilassung kriegsgefangener Sklaven

Thema 7: Freigelassene, aber nicht frei: Die Paradoxen der bedingten Freilassung

Thema 8: Freiheit auf Raten? Teilfreilassung in Recht und Praxis

Thema 9: Frei aber nicht gleich: Die paradoxe Existenz der formlos Freigelassenen

Thema 10: Jenseits der Dankbarkeit: Die gegenseitigen Pflichten von Freigelassenen und Freilassenden

Thema 11: Kaiserliche Freigelassene als Hofbeamte

Thema 12: Nichtrömische Freilassungsformen im römischen Reich

 

Leistungsnachweis:

Das Seminar steht sowohl Bachelor- als auch Masterstudierenden offen. Bachelorarbeiten werden mit 6 ECTS gewürdigt und müssen etwa 62'500 Zeichen (ca. 25 Seiten) umfassen. Masterarbeiten können nur im Umfang von 12 ECTS verfasst werden, was einer Arbeit von etwa 100'000 Zeichen (ca. 40 Seiten) entspricht.
Datum
Vorbesprechung: 14. April 2025 um 12:15 Uhr via Zoom (Link im Merkblatt)
 
Seminar: 21. & 22. November 2025; Zürich
Teilnahme und Info
Für weitere Informationen zum Ablauf des Seminars beachten Sie bitte die Angaben im Merkblatt (PDF, 1 MB)
 
Die Anmeldung läuft direkt über das Anmeldetool der RWF. Bei inhaltlichen Fragen können Sie uns gerne via E-Mail erreichen: lst.alonso@ius.uzh.ch

Prof. Dr. Thomas Finkenauer, M.A.

Thomas Finkenauer ist Rechtswissenschaftler an der Universität Tübingen und hat dort seit 2005 die ordentliche Professur für Bürgerliches Recht, Römisches Recht und Europäisches Privatrecht inne. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und Geschichte an der Universität Trier absolvierter er das Erste und Zweite Staatsexamen und erlangte währenddessen 1999 mit seiner Dissertation zu «Eigentum und Zeitablauf – das dominium sine re im Grundstücksrecht» den Doktorgrad. Die venia legendi für die Fächer Bürgerliches Recht, Römisches Recht und Privatrechtsgeschichte der Neuzeit erwarb er 2005 mit seiner Habilitationsschrift zum Thema «Vererblichkeit und Drittwirkungen der Stipulation im klassischen römischen Recht».

Thomas Finkenauer ist einer der bedeutendsten Romanisten unserer Zeit. Sein Forschungsschwerpunkt liegt im privatrechtlichen Bereich. Hier setzt er sich mit einem umfangreichen Spektrum an Themen auseinander, wobei insbesondere seine Arbeiten zu Eigentums-, Stipulations- und Sklavenrecht hervorzuheben sind. Im rechtsgeschichtlichen Bereich forscht er vor allem zur Entstehung des BGBs. Sein Œuvre erstreckt sich auch auf das geltende Recht, insbesondere auf das Vertrags- und Erbrecht.

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