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Rechtswissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl Glaser

Interview mit dem Captain der Schweizer Fussballmannschaft Granit Xhaka zum Thema «Führung» durch einen «Primus inter Pares» in einem Kollegialgremium

ZFS Nr. 7/2024

Das Interview wurde durch die Studierenden des MM Staatsleitung des HS24 geführt.

Die Antworten sollen die Frage klären, ob aus den Erfahrungen der kollegialen Führung einer Fussballmannschaft durch den Captain gewisse Erkenntnisse für die «Führung» einer Kollegialregierung nach Art. 177 BV gewonnen werden können.

 

Was sind die Hauptaufgaben des Captains aus Ihrer Perspektive/Erfahrung? Können Sie diese ganz besondere Rolle als Chef (Verantwortungsträger) und Spieler umschreiben?

Ein Captain muss der Kopf eines Teams sein. Vorangehen auf und neben dem Platz. Eine Leader-Rolle einnehmen, so dass die Spieler sich am Captain orientieren können. Im Spiel versuche ich den Takt anzugeben. Tempo rausnehmen, wenn nötig, das Team zum Pressing auffordern, entscheiden wann wir gemeinsam pressen oder uns eher zurückziehen sollen. Neben dem Platz setze ich mich für die Interessen des Teams ein, verhandle gemeinsam mit dem Verband die Prämien aus. Und ich bin in engem Kontakt mit dem Trainer, bespreche mich mit ihm über Taktik, Spielsysteme und auch über einzelne Spieler auf den jeweiligen Positionen.

 

Welche persönlichen Eigenschaften braucht es, um als Captain erfolgreich zu wirken?

Es braucht den Willen Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen und diese gegen Widerstände durchzusetzen. Dafür braucht es Überzeugung, Konfliktfähigkeit und Durchsetzungskraft.

 

Wie «führen» Sie ihre Kollegen? Was sind Ihre Erfolgsfaktoren? Wie hat sich Ihr Führungsstil im Laufe der Zeit verändert?

Ich führe, indem ich mit gutem Beispiel vorangehe. Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit in jedem Training und in jedem Spiel. Zeigen, dass ich mich in jedem Moment weiter verbessern und entwickeln will.

Ich kommuniziere mit anderen Führungsspielern, mache Vorschläge und tausche mich mit ihnen aus.

Früher habe ich öfter die Kommunikation nach aussen genutzt, um den Takt anzuschlagen oder Richtungen vorzugeben. Heute kommuniziere ich stärker und bewusster nach innen, erhebe aber das Wort, wenn ich es für nötig empfinde, auch öffentlich.

 

Welche Instrumente stehen Ihnen zur Verfügung, um Ihr Team zielführend zu lenken?

In der Nati ist es der Mannschaftsrat. Fünf Führungsspieler mit vielen Länderspielen und viel Erfahrung. Wenn ich sie mit mir im Boot habe und wir gemeinsam eine Richtung einschlagen, können wir das ganze Team mitziehen. Als Captain bin ich der Kopf dieses Mannschaftsrates.

 

Welches sind die grössten Schwierigkeiten, um Ihre Aufgabe zu erfüllen? Gehören hierzu auch besondere Charaktere von Mitspielern? Wie gehen Sie damit so erfolgreich um?

In einem Team müssen alle Spieler in die gleiche Richtung gehen, damit man Erfolg haben kann. Wenn sich einer nicht in den Dienst der Mannschaft stellt, kann er ein Problem für das ganze Gefüge werden. Das ist wie ein Korb Äpfel ist ein Apfel faul, kann dies alle anderen Früchte beeinträchtigen. Als Captain beobachte und schaue ich, dass es keine faulen Äpfel gibt. Wenn ich jemand gegen unsere gemeinsamen Interessen stellt, nehme ich mir die Person auch mal zur Brust und rede Klartext.

 

Können Sie uns einen Einblick geben, wie Sie Ihre Aufgabe zwischen Meisterschaften erfüllen, um in den Spielen erfolgreich zu sein?

Das ist harte Arbeit jeden Tag. Auf dem Trainingsplatz, in der Vorbereitung auf jedes Training und im Verhalten im Alltag. Dazu gehört Planung und Disziplin. Genügend Schlaf, gesunde Ernährung, Athletikeinheiten mit einem eigenen Trainer neben den Teamtrainings und bewusste medizinische Regeneration.

 

Was bedeutet für Sie als Captain die Kollegialität im Team und wie leben Sie diese? Welche Erwartungen haben Sie diesbezüglich an ihre Kollegen?

Kollegialität bedeutet für mich gegenseitiger Respekt. Respekt für das, was jeder macht und leistet und Respekt für das Teamgefüge. Respekt ist für mich die Grundlage, um gemeinsam zu arbeiten, Erfolge anzustreben und diese in einem Team erreichen zu können. 

 

Empfinden Sie diese Kollegialität anders, seit Sie Captain sind?

Nein. Ich habe schon früher Kollegialität gepflegt im Team, weil es mir auch persönlich wichtig ist und viel bedeutet. Aber seit ich Captain bin, achte ich mehr darauf, wer kollegial ist und wer nicht. Und wenn ich bei einem Spieler ausmache, dass er nicht kollegial ist, versuche ich dies zu regeln.

 

Würden Sie Ihre Position gerne anders ausgestalten, um Ihre Ziele einfacher erreichen zu können?

Wenn ich diese Position anders ausgestalten möchte, würde ich das tun. Ich habe mittlerweile viel Erfahrung als Captain im Nationalteam. Zudem ist das Ausüben des Captain-Amtes auch ein Prozess, der niemals abgeschlossen ist. Reife und Erfahrung fliessen in Entscheidungsprozesse ein. Und mit jedem Spiel mehr und in jedem weiteren Zusammenzug der Nationalmannschaft kann ich neue Erfahrungen machen, welche mir helfen diese Führungsrolle bestmöglich auszuführen.

 

Wie gehen Sie als Captain mit Indiskretionen gegenüber den Medien um und wie beeinflussen solche Ihre Führungsarbeit?

Indiskretionen gegenüber den Medien schaden dem Team und haben Misstrauen in der Gruppe zur Folge. Ich versuche präventiv zu wirken und mache meine Mitspieler zu Beginn eines Turniers oder einer Kampagne darauf aufmerksam, dass wir gegenüber den Medien zusammenhalten und als Einheit auftreten müssen. Ich weise darauf hin, dass Indiskretionen uns auf dem Weg zum Erfolg stark negativ beeinflussen können. Wenn ich von einem Spieler weiss, dass er Internas ausplaudert, nehme ich ihn mir persönlich zur Brust und bespreche mich auch mit unserem Trainer und dem Medienverantwortlichen der Nati, wie wir den Fall angehen wollen.

 

Wie führen Sie sich selbst? Wie setzen Sie sich Ihre Ziele (hat dies neben Vorgaben des Trainers überhaupt Platz)?

Ich setze mir immer wieder persönliche Ziele, welche zum Erfolg des Teams beitragen sollen. Wichtig ist für mich, dass diese Ziele nur ganz alleine in meinem Kopf sind, und ich teile diese weder den Mitspielern noch der Öffentlichkeit mit. Solche Ziele sind für mich Motivation und Kompass während der täglichen Arbeit im Team. Ich definiere mir immer wieder neue Ziele für ein neues Turnier oder einen neuen Wettbewerb. Das hilft mir die persönliche Spannung und Motivation dauerhaft hochzuhalten. Diese Ziele haben Platz neben den Vorgaben des Trainers, weil es bei diesen Zielen immer darum geht, das Team für den Erfolg zu stärken.

Hinweis: Zur Zitierfähigkeit wird auf dieses Dokument verwiesen ZFS_Nr7_Xhaka (PDF, 43 KB)

 

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