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Das Recht der Volksinitiative hat als wichtiges Merkmal der direkten Demokratie schweizerischer Prägung eine besondere Stellung im rechtlichen und gesellschaftlichen Gefüge der Schweiz inne. Die Diskussion um ihre Funktionen und Einschränkungen wird daher besonders vehement und häufig emotional geführt, auch in der rechtswissenschaftlichen Lehre und Forschung. Gleichzeitig ist die Volksinitiative nicht als isoliertes Mittel im Rechtssystem zu betrachten – im Gegenteil; ist sie doch eingebettet in verschiedene Prozesse von Gesetzgebung und Rechtsprechung.
Die Dissertation verfolgt das Ziel, Mechanismen zu identifizieren, wie in schweizerischen Rechtsetzungs- und Rechtsanwendungsprozessen mit möglichen Konflikten zwischen durch Volksinitiativen geschaffenem Recht und dem bilateralen Staatsvertragsrecht zwischen der Schweiz und der EU umgegangen wird. Daraus ergibt sich, welchen Einfluss dieses Spannungsverhältnis auf die Prozesse und rechtliche Ausgestaltung des demokratischen Systems der Schweiz hat. Nicht nur sind immer mehr Lebens- und Rechtsbereiche in der Schweiz von EU-Recht zunehmend detaillierter geregelt, sondern es bilden sich auch neue Rechtsfiguren wie etwa der autonome Nachvollzug von EU-Recht heraus, durch die sich die Demokratie in der Schweiz insgesamt verändert. Gleichzeitig führt der zunehmende Einfluss europäischer Regelungen auch zu dezidierten Gegenreaktionen in Form von Volksinitiativen, die sich explizit gegen europarechtliche Einflüsse auf das schweizerische Recht, insbesondere im Bereich der Personenfreizügigkeit, wenden. Derartige Veränderungen im Bereich des Volksinitiativrechts möchte die vorliegende Dissertation identifizieren und kritisch beurteilen.
Zentral sind bei der Untersuchung zehn Beispielfälle von mit dem bilateralen Recht in Konflikt stehenden Volksinitiativen. Diese werden laufend herbeigezogen, um die parlamentarische und richterliche Praxis systematisch zu beschreiben und zu bewerten.