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Die Mehrheit der Bevölkerung hält es für wichtig, dass staatliche Behörden sie beispielsweise vor einer drohenden Pandemie warnen und über entsprechende Gesundheitsmassnahmen informieren. Aber soll der Staat auch darüber informieren, welche Folgen der Verzehr von Fast Food hat, um Bürgerinnen und Bürger in ihren Essgewohnheiten zu beeinflussen? Und dürfen staatliche Behörden gezielt dazu anregen, Strom zu sparen, mehr Sport zu treiben oder sich für eine Organspende zu entscheiden? Anders gefragt: Wann ist der Staat verpflichtet, die Öffentlichkeit zu informieren? Und wo liegen die Grenzen des rechtlich zulässigen staatlichen Informationshandelns gegenüber Bürgerinnen und Bürgern?
In einer Zeit, in der soziale Medien die öffentliche Debatte prägen und Desinformation weit verbreitet ist, gewinnen staatliche Informationen zunehmend an Bedeutung. Der Einzelne ist mehr denn je auf verlässliche Informationen des Staates angewiesen, um informierte Entscheidungen treffen zu können. Gleichzeitig stellt sich die Frage, inwieweit der Staat durch die gezielte Bereitstellung von Informationen das Verhalten des Einzelnen zum Schutz des Gemeinwohls beeinflussen darf und wo die Grenzen einer solchen Einflussnahme liegen. Während staatliche Informationen ein wesentliches Element des Regierens im demokratischen Rechtsstaat darstellen, besteht die Gefahr, dass die Behörden durch gezielte Informationen den Willen der Bürgerinnen und Bürger beeinflussen und ihr Verhalten lenken — möglicherweise entgegen ihren eigenen Interessen und Bedürfnissen.
Vor diesem Hintergrund untersucht das Seminar die verfassungs- und verwaltungsrechtlichen sowie die rechtsphilosophischen und rechtstheoretischen Grundlagen des staatlichen Informationshandelns gegenüber der Bevölkerung. Im Mittelpunkt stehen das Informationshandeln der Exekutive gegenüber der Bevölkerung, die verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Grundlagen möglicher Informationspflichten sowie die Grenzen zulässiger Einflussnahme durch Information. Dabei wird auch die grundsätzliche Frage erörtert, ob und in welchem Rahmen verhaltenssteuernde Informationen in einem demokratischen Rechtsstaat zulässig sind.
Themenblöcke
Die Seminararbeiten können auf Deutsch oder Englisch verfasst werden. Die Themen werden nach Vergabe der Seminarplätze entsprechend den Präferenzen der Studierenden festgelegt. Innerhalb dieser Themenblöcke können je nach Interesse unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, weitere Themen selbst zu entwickeln und vorzuschlagen.
Nr. |
Themen |
1 |
Rechtsphilosophische Grundlagen des staatlichen Informationshandelns zur Förderung des Gemeinwohls |
2 |
Verhaltenswissenschaftliche Grundlagen des staatlichen Informationshandelns |
3 |
Paternalismus und staatliches Informationshandeln |
4 |
Umfang und Schutz des Gemeinwohls durch staatliches Informationshandelns |
5 |
Information als staatliches Steuerungsmittel |
6 |
Staatliches Informationshandeln als Verfassungspflicht |
7 |
Verfassungsrechtliche Grenzen staatlichen Informationshandelns |
8 |
Menschenwürde als Garantie und Grenze staatlicher Information gegenüber der Öffentlichkeit |
9 |
Grundrechtliche Informationspflichten des Staates gegenüber der Öffentlichkeit |
10 |
Grundrechtlicher Schutz vor Beeinflussung und Steuerung durch staatliche Behörden |
11 |
Wahrheitspflicht des Staates |
12 |
Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln |
13 |
Besondere Informationspflichten im Verwaltungsrecht (z. B. im Epidemiengesetz) |
14 |
Rechtsfolgen fehlerhafter staatlicher Informationen gegenüber der Öffentlichkeit |
15 |
Warnungen und Empfehlungen des Staates |
16 |
Nudging als rechtliches Problem |
Die Themenblöcke werden in der obligatorischen Vorbesprechung erläutert.
Zulassungsbedingungen
Zugelassen zum Seminar sind Studierende, die das Assessment erfolgreich abgeschlossen haben, vorzugsweise ab dem 5. Semester (Bachelor- und Masterstufe). Studierende, die am Seminar teilnehmen möchten, melden sich über das Anmeldetool der Rechtswissenschaftlichen Fakultät an.
Vorbesprechung
Die obligatorische Vorbesprechung findet am Dienstag, 15. April 2025 von 12.15 bis ca. 13.30 Uhr im Raum RAA-E-08, Rämistrasse 59, 8001 Zürich statt. Einzelheiten zum Seminar werden nach erfolgter Seminarzuteilung bekanntgegeben. Das Seminar findet in Zürich statt. Die Teilnahme ist kostenlos.
Leistungsnachweis
Der Leistungsnachweis besteht aus einer Seminararbeit im Umfang von 6 ECTS-Punkten (bei Masterarbeiten im Umfang von 12 ECTS-Punkten) und der aktiven Teilnahme am Seminar. Die Seminarteilnehmenden stellen ihre Erkenntnisse im Rahmen des Seminars vor. Bei sehr guter Leistung in der Präsentation (Originalität, didaktische Präsentation, inhaltliche Prägnanz etc.) und aktiver Beteiligung an der Diskussion werden die Noten der jeweiligen Seminar- bzw. Masterarbeiten um maximal eine halbe Note aufgerundet.
Abgabefrist der Arbeiten: Freitag, 24. Oktober 2025.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: elif.askin@ius.uzh.ch