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unter rechtsvergleichender Betrachtung des europäischen, deutschen und US-amerikanischen Rechts
Das Markenrecht verleiht dem Inhaber das ausschliessliche Recht, die Marke zur Kennzeichnung der Waren und Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, zu benutzen. Diesem subjektiven und absoluten Ausschliesslichkeitsrecht sind jedoch gewisse Schranken gesetzt. Eine dieser Schranken stellt die sog. Markenparodie dar. Insbesondere berühmte Marken werden häufig in parodierender Art und Weise sowohl kennzeichenmässig als auch nicht kennzeichenmässig verwendet und in einem verspottenden oder humoristischen Kontext dargestellt. Die Verfremdung der Marke kann durch unterschiedliche Mittel erreicht werden. Markenparodien sind einerseits durch Veränderungen einer fremden Marke möglich; andererseits sind auch Markenparodien denkbar, bei denen eine Marke praktisch unverändert in einem kritisch-satirischen oder satirisch-komischen Zusammenhang dargestellt wird. Wenn beispielsweise das bekannte Krokodil von Lacoste plötzlich mit einem anderen Krokodil kopuliert, das Logo des Tennisturniers „Davidoff Swiss Indoors“ auf einer Internetseite in „Davideath Swiss Indoors“ geändert und dabei die Schweizerfahne durch einen Totenkopf ausgetauscht wird, oder Miniaturtaschen mit Louis Vuitton-Muster – freilich stets ohne Zustimmung der Markeninhaberin – als Hundespielzeug vertrieben werden, mag das für viele Betrachter als amüsant erscheinen. Demgegenüber vermag ein solcher Markengebrauch den Inhaber der parodierten Marke kaum zu erfreuen, da eine Markenparodie den Wert einer berühmten Marke erheblich beeinträchtigen kann.
Das Ziel des vorliegenden Dissertationsprojektes besteht darin, die im schweizerischen Recht bislang noch wenig aufgearbeiteten materiellrechtlichen und prozessualen Fragen zur Zulässigkeit von Markenparodien zu klären. Dabei soll sich die Arbeit mit Fragen aus dem Marken-, Lauterkeits-, und Persönlichkeitsrecht sowie mit grundrechtlichen Problemen interdisziplinär auseinandersetzen. Aufgrund der zahlreichen in Deutschland und den Vereinigten Staaten ergangenen Entscheide, welche sich mit der Problematik der Markenparodie befasst haben, sollen das deutsche sowie das US-amerikanische Recht rechtsvergleichend untersucht werden.
Neben Fragen, welche Verwendungen fremder Marken überhaupt als Parodien zu qualifizieren sind bzw. wann eine solche Parodie eine kennzeichenmässige Benutzung darstellt, spielen die Grundrechte im Kontext der Problematik der Markenparodie eine zentrale Rolle. Im Vordergrund steht dabei das Spannungsverhältnis zwischen dem markenrechtlichen Ausschliesslichkeitsrecht der Markeninhaber – welches durch die Eigentumsgarantie geschützt wird – und den Kommunikationsgrundrechten der Parodisten. Zu untersuchen ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Frage, wie weit eine Beschränkung der Eigentumsgarantie des Markeninhabers hinsichtlich der Verwirklichung der Grundrechte der Meinungsäusserungs- und Kunstfreiheit der Parodisten zugelassen werden sollte. Die Zulässigkeit von Markenparodien in diesem Spannungsverhältnis hatte das Bundesgericht bisher noch nicht zu beurteilen. Im Rahmen der zu verfassenden Arbeit sollen daher Kriterien erarbeitet werden, welche in der Praxis insbesondere bei der Abwägung der Interessen zwischen den Rechten der Markeninhaber und denjenigen der Parodisten dazu dienen, sachgerechte und ausgewogene Lösungen zu finden. Es soll dabei eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Argumenten für den Schutz der Markeninhaber auf der einen Seite und denjenigen für die Zulässigkeit von Markenparodien auf der anderen Seite erfolgen.
Samuel Lötscher, Die Markenparodie (Diss. Zürich 2016, Bern 2016 = Schriften zum Medien- und Immaterialgüterrecht, Heft 104)